Konstantin d. Gr.

Auf dem Jupiterhügel bei Nikomedia: Abdankung Diokletians

An endlosen Reihen in Formation stehender Truppeneinheiten, zur linken und zur rechten, schritt unsere Gruppe den Jupiterhügel empor. Vorweg der Kaiserliche Tross des Diokletian mit seinem designierten Thronfolger Galerius und dessen Vertrauten, seinem Neffen Maximin Daia und seinem Offizier Daker Licinius, seine rechte Hand im Perserfeldzug. Auf dem Jupiterhügel in Nikomedia (Izmit) der Provinz Bithynien empfing vor 21 Jahren unser Herrscher Augustus Diocletianus den kaiserlichen Purpur und dort wollte er die Nachfolge verkünden.

Der blaue Morgenhimmel spiegelte sich in den polierten Schilden und Helmen der Paraderüstungen. Die Kohorten präsentierten ihre Signa. Jene heiligen Feldzeichen waren geschmückt mit Auszeichnungen siegreicher Schlachten. Auf ihnen glänzten die messingfarbenen Legionsadler und Lorbeerkränze im Schein der frühen Maisonne. Vor ihren Kohorten standen stramm die Zenturio und betrachteten unseren Vorbeimarsch mit müden Augen. Einige erkannte ich aus dem letzten Donaufeldzug und ihre Blicke antworteten mir mit Erkennen, Loyalität und Kameradschaft.

Heute am Kalendis Maius im Jahre 1058 ab urbe condita/nach Gründung Roms (1. Mai 305 n.Chr), wurde der geordneten Generationenwechsel feierlich begangen. Die zeitgleiche Abdankung Diokletians hier in Nikomedia und Maximians in Mailand. Die kaiserliche Nachfolge geschah durch die Ernennung zu Augusti der Caesaren Galerius und Constantius Chlorus sowie der Bekanntgabe zweier neuer Caesaren, ohne Frage wurde ich, Flavius Valerius Konstantin, Sohn des Constantius Chlorus, dazu auserwählt.

Nachdem diese Abmachungen getroffen waren, fand am ersten Mai 1 ein feierlicher Aufzug statt. Alles blickte auf Konstantin. Man hegte keinerlei Zweifel. Die anwesenden Soldaten und die angesehensten des Heeres, die man aus den Legionen eigens ausgewählt und beigezogen hatte, schauten in freudiger Erwartung auf Konstantin allein. In ihm vereinigten sich ihre Wünsche und Gelübde. Außerhalb der Stadt lag in der Entfernung von drei Milien eine Anhöhe, auf deren Gipfel einst auch Galerius den Purpur erhalten hatte. Es war dort eine Säule errichtet mit dem Bildnisse Jupiters. Dorthin ging der Zug. Die Soldaten werden zur Versammlung berufen.

Diese pompöse Zeremonie war Diokletians letzter Staatsakt, ganz nach seinem Geschmack, als „dominus et deus“ seiner Person einen sakralen Anstrich zu verleihen – ohne Zweifel eine Notwendigkeit zum Erhalt der Staatstreue seiner Untertanen!

Hintergrund Geschichte

Trotz aller Vergötterung seiner Person kommt Diokletian, früher Diocles, aus einfachen bäuerlichen Verhältnissen aus der Provinz Illyrien im Balkan. In der Zeit Kaiser Carus und seinem Sohn Numerian diente er sich vom Soldaten zum protectores domestici, Befehlshaber der Gardeeinheit, hoch.

Nach Tod des Numerian und Intrigen um seine Thronfolger ernannte die Armee in guter Soldatenkaisertradition 284 n.Chr. einen Nachfolger aus den eigenen Reihen zum römischen Kaiser: Gaius Aurelius Valerius Diocletianus.

Unter dem göttlichen Schutz Jupiters, als Iovius, etablierte Kaiser Diokletian wieder die Staatsautorität in einem seit Jahrzehnten im Chaos versunkenen römischen Reich. Er erneuerte und stabilisierte das Reich durch Stärkung der Streitkräfte, der Grenzen und Reform der Verwaltung und Gesetze. Diokletian gebot den Preistreibern Einhalt, um der maßlosen Inflation Herr zu werden. Er verordnete Steuerbemessungsgrundlagen in Abhängikeit der Ertragskraft des Betriebes und einen geregelten Staatshaushalt, ein Novum. Die neue Ordnung kam unseren römischen Bürgern zugute!

Als großer Denker, Ordner und Planer schuf unser großer Augustus die erste Tetrachie/Vierkaiesertum, und ernannte Marcus Maximianus 286 n.Ch. zum Mitkaiser; er überantwortete ihm die andere Hälfte, den Westteil des römischen Reiches. Zur Stabilisierung insbesondere der Nachfolge stellte er jedem der Augusti, also sich und Maximianus, jeweils einen Unterkaiser, Caesar genannt, zur Seite. Die Caesaren sollten abgelegene Reichsgebiete im Namen der Augusti verwalten. Sie hatten die Aufgabe Legionen zur Eroberung neuer Territorien zu führen und die Reichsgrenzen vor einfallenden Germanen am Rhein und Goten an der Donau zu schützen.

Augustus Diokletian wählte 293 n.Chr. seinen Landsmann Galerius zum Caesar, früher ein Hirte, heute ein effizienter wie blutrünstiger Heerführer mit Auszeichnungen für siegreiche Schlachten in Ägypten, Griechenland und Persien (298 n.Chr. Sieg gegen Perserkönig Narses).

Augustus Maximian ernannte meinen Vater, Flavius Valerius Constantius (Constantius Chlorus), 293 n.Chr. zum Caesar und Nachfolger.

Diokletians Vier-Kaiser-Herrschaftsordnung 284-305 n.Chr. (1. Tetrachie)

Weströmisches Reich Oströmisches Reich
Augustus Marcus Maximianus Gaius Aurelius Valerius Diocletianus
genannt Maximian Diokletian
Geburt um 240 bei Sirmium (Sremska Mitrovica)/Pannonien um 240 Dalamtien/Illyrien
Tod Juli 310 Marseil/Gallien 3.12.313/316 Salona (Kroatien)
Laufbahn Bauernsohn, Soldat, Waffengefährte Diokletians, Oberkomando Westreich Militär, Befehlshaber der Gardeeinheit unter Carus, danach Numerian
im Amt Ernennung durch Diokletian

  • zum Caesar 21.07.285
  • zum Augustus 01.04.286 – 01.05.305
20.11.284 – 01.05.305
Provinzen Spanien, Gallien, Britannien Lybien, Ägypten, Arabien, Syrien
Residenzstadt Mediolanum (Mailand),
Aquileia
Nikomedia(Izmit)
sakrale
Legitimierung
Herculius, Abkömmling Herkules Iovius, Abkömmling Jupiters
 

 

 

seit 293 zusäzliche Ernennung zweier Caesaren

Caesar Flavius Valerius Constantius Gaius Galerius Valerius Maximianus
genannt Constantius Chlorus (der Bleichgesichige) Galerius
Geburt um 250 Illyrien um 250 Serdica (Sophia)
Tod 306 bei Eboracum (York) 313 Serdica
Laufbahn Statthalter Provinz Naissus (Serbien), Prätorianerpräfekt unter Maximian illyrischer Hirte, Militär unter Aurelian, später Probus
Feldzüge
  • 296 n.Chr. Britannien, Sieg geg. Picten, Skoten
  • Sieg geg. Alamannen, Helvetier
  • 294 n.Chr. Ägypten,
  • 295 n.Chr. Ktesiphon (griech. Seleukeia) gegen die Sassaniden,
  • 287/298 n.Chr Persien Sieg gegen Narses
im Amt 01.03.293 – 01.05.305 01.03.293 – 01.05.305
Legitimität Ernennung, Adoption durch Maximian, Herculius Ernennung, Adoption durch Diokletian, Iovius
Heirat Theodora, Stieftochter Maximians Valeria, Tochter Diokletians
Provinzen Westliche des Reihns: Gallien, Britannien Südlich der Donau: Pannonien, Illyrien, Thrakien
Residenzstadt Augusta Treverorum (Trier),
Eboracum (York)
Sirmium/Save,
Thessalonike

Constantius Chlorus

Mein Vater Flavius Valerius Constantius heiratete 289 n.Chr., als ich wohl vier Jahre alt war, Maximians Stieftochter Theodora, worauf er sich von meiner Mutter und Konkubine Flavia Helena, vormals eine Stallmagd, formal trennen musste. Ich sah ihn daher zum ersten Mal erst als heranwachsender Jüngling. Zu meiner Geburt (285 n.Chr.?) Statthalter in der Provinz Naissus in Serbien, dann Prätorianerpräfekt am Hofe Maximians, unterstanden meinem Vater als Caesar nun die Provinz Gallien, insbs. Schutz der Rheingrenze vor Franken und Normannen, und später nach seiner erfolgreichen Rückeroberung die Provinz Britannien. So machte er neben Augusta Treverorum (Trier) an der Mosel auch Eboracum (York) an der Ouse zur seiner zweiten Residenzstadt. Er sah in seinen Untertanen römische Bürger, erhob weniger Steuern entsprechend der Armut seiner Provinzen und lebte mit seinem Hof in bescheidenen Verhältnissen, was ihm den Spott seiner Mitkaiser einbrachte, ein Weichling zu sein.

Jugend Konstatins

So wuchs ich am Hofe unter der Obhut meiner Mutter Helena in der Villa Urbana in Trier auf. Hier begann mein Vater mit dem Ausbau des Palastbezirks, den Kaiserthermen, dem Amphitheater und dem Circus Maximus, wo ich mit meinen Freunden einige Wagenrennen miterlebte. In meiner Jugend wechselte ich in das oströmische Reich an den Hof Diocletians nach Nikomedia und genoss die gute Ausbildung durch meinen Lehrer Laktanz, einen damals 40-jährigen Rethor und Schriftsteller aus Nordafrika stammend, den ich bald zu schätzen begann. Leider musste er den Hof Diokletians verlassen, weil er dieser christlichen Sekte beitrat.

Unter Diokletians Caesar Galerius absolvierte ich meinen Militärdienst u.a. am Grenzgebiet an der Donau, wobei ich meinen Mut unter Beweis stellen sowie die Loyalität meiner Kameraden erlangen konnte und erhielt als Tribun obersten Ranges Auszeichnungen für meine kriegerische Tüchtigkeit.

Christenverfolgung

Durch seinem Manichäer-Edikt verbot Diokletian die christliche Glaubensausübung. Eigentlich sind wir Römer anderen Göttern gegenüber tolerant, bis hin zur Einbeziehung in unseren Pantheon; das Christentum wurde bereits 260 n.Chr. unter Gallienus staatlich anerkannt. Vielleicht aber erboste Diokletian die Sturheit der Christen einzig und alleine ihren eigenen Gott anzubeten. Nach den vielen Jahren der Anarchie wollte er nun mit Hilfe der Religion die alte römische Ordnung wieder etablieren; ihn sorgte wohl die immer größer werdende Ausbreitung des Christentums im oströmischen Reich und die Zurückdrängung römischer Werte. Oder war es der antichristliche Einfluß des ungehobelten Ceasars Galerius, wie einige behaupten? Infolge der Verschärfung durch drei weitere Edikte, erreicht die Verfolgung und Tötung vieler Christen im Jahre 303 n.Chr. ein Ausmaß, wie es der Staatsordnung Diokletians nicht hätte mehr schaden können. War dies ein Grund für die Herrschermüdigkeit unseres Kaisers und die heutige Machtübergabe an Galerius, welcher die Christenverfolgung tatkräftg umsetzte?

Genau in diesem Jahr, im November (303 n.Chr) traf sich Diokletian mit seinem Mitkaiser Maximian in Rom zu den Vicennalen ihrer gemeinsamen Herrschaft, um den geordneten Machtwechsel (Doppelabdankung) vorzubereiten. Dort gab Maximian zähneknirschend Diokletian das Versprechen zwei Jahre später am 1. Mai die Thronfoge zu vollziehen, auch wenn es dem machtgierigen Maximian nicht gefiel.

Machtübergabe

Diokletian bestieg die kaiserliche Tribüne inmitten seines wohlgeordneten Heeres. Während er auf dem erhöhten Thron Platz nahm, strebten die Mitglieder seines Hofes – bestehend aus hohen Beamten, Befehlshabern der Legionen und engsten Verwandten – ihre zugewiesenen Plätze an.

 

Fortsetzung folgt…